Die folgende «Geschichte» zur Gründung des Klosters Olsberg bildete die Grundlage für viele wissenschaftliche Schriften und hielt sich hartnäckig vor allem in Zeitungsartikeln bis in die 80-er Jahre des 20. Jahrhunderts! Der Kantonsbibliothekar von Aarau Franz Xaver Bronner schrieb bereits 1844 «Angaben von Stiftungsjahren ohne wahren Grund sie wie Eiszapfen am Strohdache, die jeder helle Sonnenschein abfallen macht … Jeder schreibt dem andern nach» Erst nach 1970 begann man sich ernsthaft um die wirklichen Hintergründe der Klostergeschichte zu bemühen.

 

Quelle wo nichts anderes vermerkt:

Ernst Ludwig Rochholz, Schweizersagen aus dem Aargau, Edition Olms Zürich 1980, Nachdruck der Erstausgabe von 1856

Kloster Olsberg

 

Noch im dreizehnten Jahrhundert soll Olsberg Ochain geheissen haben, und ein Adelsgeschlecht dieses Namens steht allerdings von selbiger Zeit in den Zofinger-Zunftbüchern. Das Kloster selbst nannte sich Hortus Dei, Gottesgarten, und Ölberg, weil seine Lage mit jener des Jerusalemischen Ölbergs Ähnlichkeit habe. Daraus sei der jetzige Namen Olsberg entstanden. Gewiss ist, dass des Klosters Wappen der Heiland am Ölberg war. Gründlichere Forscher geben an, es sei von dem ältesten Gaugrafen dieser Bezirke, von Cadalolt erbaut und nach ihm benannt worden; aber die spätere Zeit habe vom ganzen Namen nur noch das Ende Cadal-Oltsberg aussprechen mögen.

 

Sage 457, S. 249

Hunnenschlacht und Gründung des Klosters Olsberg

 

Gründungssage Überarbeitung unter Anpassung an die heutige Schreibweise von Joseph Echle.

 

Jenseits von Rheinfelden liegt ein Tal, dadurch läuft ein Bächlein in den Rhein, genannt die Feer (Violenbach), zwischen zwei hohen Hügeln und Wäldern. Da liegt ein Kloster. Viele glauben es habe den Namen erhalten, weil es dem Tal zu Jerusalem gleiche, wo am Ölberg Christus angehend seiner Marter betete. Nun man hat keine Gewissheit zur Geschichte. Bei zwei verheerenden Brand-katastrophen wurde dieses Gotteshaus um das Jahr zwölfhundert und später im Jahr vierzehnhundert schwer beschädigt. Dabei gingen viele briefliche Urkunden, Stiftungen und Vergabungen verloren.

 

Aber nach meinem fleissigen Nachforschen und nach den Aufzeichnungen, die mir die ehrwürdige edle Frau Katharina von Hersberg, Äbtissin daselbst zugeschickt hatte, vermute ich, dass dieses Kloster fast um das Jahr 1000 nach Christus gestiftet und erbaut worden ist. Es gibt ausreichende Hinweise zur Gründung und die landläufig alten Namen der Orte in der Umgebung.

 

Etwa siebzig Jahre vor der Gründung überfielen die Hunnen Deutschland, verwüsteten die Gegend um den Bodensee und die Gebiete dem Rhein entlang. Sie plünderten das Kloster St.Gallen, griffen die Reichenau an und belagerten Säckingen. Hier teilten sie sich und schickten eine Gruppe über den Rhein in der Hoffnung, das Gebiet des Schwarzwalds sei leichter zu erobern. Der grössere Teil blieb auf dieser Seite des Wassers.

 

Nun lebte damals im Aargau, das im Sisgau liegt (wo die Ergolz fliesst), ein Graf mit Namen Kadeloch. Dieser hatte auch vom römischen Kaiser den Auftrag das Fricktal zu verwalten. Dort hatte er einen Statthalter, Hirminger genannt. Diesen forderte er auf, auch deshalb weil er ein erfahrener Krieger war, ihm Leute im Kampf gegen die Hunnen zur Verfügung zu stellen. Er sammelte viele Männer im Land und schickte auch dem Grafen Kadeloch die besten Leute, die er finden konnte, um die Ungarn anzugreifen. Hirminger hatte von der Höhe ausgekundschaftet, dass etliche Ungarn dem Rhein entlang bis gegen Möhlin und Rheinfelden streiften um Beute zu machen und Esswaren zu erobern. Sie wollten die Talgegend ausplündern. Er erwartete eine Nacht, wo sie sich abermals ausgelassen im Lager aufhalten. Dem Grafen teilte er wenige Leute zu. Sie sollten sich auf der Höhe zwischen dem Kloster und Rheinfelden bis gegen Eiken aufhalten. Der Graf stellte die Leute rottenweise nacheinander auf die Höhe, mit dem Befehl, dass jede Rotte ein grosses Feuer vorbereite, mit dem Befehl ein lautes Geschrei zu machen, die Feuer zu entzünden und «Christoleys» schreien. Dann die alten griechischen Wörter «Kyrie eleyson, Christe eleyson» tönt so ausgesprochen wie ein Schlachtruf. Wo das Gezänk wider die Ungläubigen begann, glaubt man heute noch, dieser Berg heisse deshalb Reuschlinsberg (Rüschelen), von dem Geräusche und Getöse, an etlichen Orten auch Hirmingersberg, oder Hirmlinsberg.

 

Nun griff Hirminger oben an, überfiel die Hunnen im Lager. Was jenseits des Rheins war und den Lärm hörte, konnte nicht herüber kommen (was Hirminger erwartete). Sie schossen mit Pfeilen, warfen mit Speeren, heulten wie das Vieh, aber sie mussten zusehen und zuhören, wie ihre Kameraden litten. Alles was beim Essen oder auf Beutezug war wurde geschlagen. Graf Kadeloch liess überall seine gerüsteten Holzhaufen anzünden. Das machte den Eindruck, dass viele Krieger heranrückten. Die Hunnen flohen, sprangen in den Rhein und versuchten hinüber zu schwimmen. Das gelang aber nur wenigen. Sie wurden an allen Orten getrennt und dann alle erschlagen. Das Raubgut, das die Hunnen überall zusammen getragen hatten, teilten sich der Graf und Hirminger. Zum Teil schenkten sie die Beute dem Kloster Säckingen.

 

Weil der Graf anfangs gelobte, er wolle nach dem Kriegsende ein Gotteshaus zu Ehren Christi stiften. (Er hatte im Namen Christi den Feind angegriffen und mit Christus Hilfe diesen auch überwunden.) Daher sollte ein Teil der Beute diesem Gotteshaus vermacht werden. Es kam aber vorerst nicht dazu. Nach dem Tod von Kaiser Arnolph und seines Sohns Ludwigs herrschte in den deutschen Ländern Auseinandersetzungen und Krieg. Die Kapeter zankten sich mit den Karolingern und die sie aus Gallien verjagten. Er musste den Karolingern immer wieder zu Hilfe eilen und konnte daher sein Gelübde wegen den Unruhen nicht erfüllen. Sein Sohn, ebenfalls Kadeloch genannt, erkannte in fortgeschrittenem Alter, dass er kein grosses Erbe erwarten konnte. Er begann einen stillen Platz zu suchen mit Rat und Hilfe seiner Schwager, den Grafen von Homberg und Froburg, die damals gar mächtig waren und bei den Nachkommen der Karolinger grosses Ansehen genossen. Unter diesen waren auch der König von Frankreich und der Herzog von Lothringen, war auch Karolus ein Enkel Karls des Grossen, den Capet im Gefängnis tötete. Sie alle wohnten zu dieser Zeit in der Rheingegend und spendeten eine grosse Steuer zu einem solchen Bau.

 

Frau Elsbeth Oettlin, die jetzige Priorin, eine 90-jährige Frau und über 70 Jahre im Kloster wohnend, teilte mir mit, dass mitten im Chor eine Krone hing mit frankreichischen und lothringischen Wappen geschmückt und mit der Überschrift eines Königs von Frankreich, der diese dem Kloster vergabt habe. Im Bauernkrieg von 1525 wurde diese wie anderes mehr, herunter gerissen und verwüstet. Diese Krone soll Karolus dem Kloster geschenkt haben nebst anderer grosser Unterstützung.

 

Als nun Kadeloch der Jüngere starb, trat Agnes, eine geborene von Mörsperg (Meersburg am Bodensee), seine hinterbliebene Gemahlin ohne Leiberben ins Kloster ein. Sie nahm die einheimischen Adelstöchter zu Ehre und Lehre auf. Sie vollendete die Stiftung damit in den folgenden Zeiten adelige Frauen – und sonst keine – in diesem Gotteshaus als Klosterfrauen aufgenommen werden sollten. Ihre Herkunft mussten die Frauen durch acht Ahnen bezeugen.

 

Obwohl man nichts Genaues weiss ist zu vermuten, dieses Gotteshaus habe den Namen Berg Christi erhalten. Der Name komme vom Kriegsgeschrei «Christoelys» oder dem ersten Gründer und Stifter Kadeloch den Namen Kadolsberg erhalten, der später durch auslassen der ersten Silben Olsperg wurde.

 

Sebastian Münster, Cosmographey, Basel 1567, pag. 585

 

Johannes Herold (1511 - 1567) verfasste diesen Bericht unter zweifelhaften Umständen mit ebensolchen Grundlagen, die ihm zur Verfügung standen oder gestellt wurden. Die erwähnte Äbtissin Katharina von Hersberg war gar nicht in der Lage, genaue Hinweise zu geben, da sie erst 1558 ins verwaiste Kloster kam. Die Unterlagen erhielt sie – wie auch der Verfasser – vor allem von Vaterabt Bernardin Buchinger in Lützel, wo sie sich zu Beginn ihrer Amtszeit als Äbtissin häufig aufhielt. Bernardin Buchinger nahm es allerdings mit dem Wahrheitsgehalt nicht immer so genau Es konnten ihm in mehrfacher Hinsicht Urkundenfälschungen nachgewiesen werden. Er schien nach dem Motto zu handeln «was nicht passt wird passend gemacht»! Dazu kam, dass es bei Geschichtsschreibern immer wieder (bis in unsere Zeit!) vorkam, dass eine Feuersbrunst die Suche nach Dokumenten «erleichterte» oder die fehlenden Belege entschuldigen sollten.

 

Sage Nr.458 S. 249-252

Die Brunnenstube dürfte nach Mauerungsart aus dem späten 16. oder frühen 17. Jahrhundert stammen.

Der Brunnen in Olsberg

 

Als vor vielen Jahren in Olsberg grosser Wassermangel herrschte und Mensch und Tier an Krankheiten zu Grunde ging, gaben die Geistlichen dem Unglauben des Volkes die Schuld und liessen täglich Busspredigten und öffentliche Gebete abhalten. Während so einmal der Kaplan am Klosteraltar die Messe las, meinte er plötzlich ein lautes Rauschen und Sprudeln um sich zu vernehmen. Die Ministranten eilten betroffen hinter den Altar, den Ort, woher der Lärm kam und sahen mit allgemeiner Freude, wie ein vorher nie gewesenes Loch im Kirchenboden voll tiefen Wassers anquoll. Man traf sogleich Anstalten die Quelle zu sammeln und leitete sie so gut, dass seither die Olsberger gegen ähnliche Not geschützt blieben. Jenes Loch ist noch immer zu sehen unter dem Altar der Kirche. Nicht weit davon so erzählt Sebastian Münster in seiner Cosmographie (Basel 1567, pag. 588) ist des frommen Mannes Grab. «Er wird noch für heilig gehalten bei den Einwohnern.» Er hiess Gottfried und lebte 1339 zur Zeit, da Elsbeth von Eptingen Äbtissin dieses Klosters war.

 

Sage Nr. 16, S. 29

 

Der Brunnen in Olsberg (aus dem Nachlass von Rochholz)

 

Bei einer lang anhaltenden Landesdürre im Fricktal litten die Nonnen im Kloster Olsberg besonders und hatten fast kein Trinkwasser mehr. Da geschah es, dass der Messpriester im Frühgottesdienst eben bei der heiligen Wandlung war und innerlich seufzte, dass er zwar Wein, nicht aber auch ein Tröpflein Wasser in den Kelch zu schütten habe; da geschah es ferner, dass hinter dem Altar ein weiss gekleidetes Knäblein erschien, dem Pater den Kelch abnahm, auf die linke Seite trat und ein Tröpfchen Wein auf den Boden goss, den Kelch zurück stellte und hierauf so geräuschlos wieder verschwand, wie es gekommen war. Augenblicklich fing es unter den Stufen des Altares an zu sprudeln und da man den Stein abhob, trat eine starke Quelle mit gutem Trinkwasser hervor. Wer nun die alte Klosterkirche in Olsberg besucht, wird dort das Brunnengewölbe sehen, in dem ein schöner in Sandstein gehauener Trog liegt, und dieser füllte sich im Jahre 1851 wieder mit Wasser, als eine anhaltende Dürre war, und ist seither in den nassen Jahrgängen wieder leer. Er heisst Hungerbrunnen.

 

Quelle: Sagen aus dem Fricktal, gesammelt von Traugott Fricker und Albin Müller, Vom Jura zum Schwarzwald, Jahrgänge 61/62 1987/1988, Frick 1987. Sage Nr. 251 S. 199

Fünf Finger im Klosterportale zu Olsberg

 

Ein  früherer Graf des oberrheinischen Rauracher-Gaues hiess Kadaloch. Er hat im Fricktal in einer stillen Gegend das Gotteshaus Olsberg gegründet und dem Schwesterorden der Augustinerinnen geweiht. Der nach des Gründers Namen dem Stift gegebene Namen Kadolsberg wurde zu Olsberg umgeändert, um damit an den Ölberg in Jerusalem zu erinnern. Der Violenbach, der das kleine Tälchen durchfliesst, sollte an den Bach Kidron im Tal Josaphat gemahnen, auch des Klosters Siegel bekam die Inschrift «Hortus Dei». Ein Gottesgärtlein sollte ringsum das Ländchen sein. Allein dazu hatte es schon Kadaloch der Graf zu reichlich begabt, und seine frommen Nachkommen vergrösserten sogar noch diese Schenkungen. Man sagt, des Stiftes Besitztümer hätten einst bis nach Strassburg hinab gereicht. Damit wuchs denn auch die Vergnügungssucht und der weltliche Sinn in seinem Innern. Im Kloster gab’s bald lauter Spiel- und Vakanztage. In die grossen schattigen Buchenwälder des Jura zog man hinaus und hielt da Maiensässe und Sommerfrische, nicht aber nach der einfachen Weise des Landvolkes, das dann auf etliche Tage von der Arbeit sich auf einem Sennhof ausruht. Nein, auf den Matten und in der Bergluft der Rüschelen schlug man Hütten auf zu unerlaubten Lustbarkeiten und vertanzte die Gebetsstunden mit den jungen Ratsherren der benachbarten Stadt Rheinfelden. Der Basler Bischof beschloss endlich solchen Ausartungen Einhalt zu tun und schickte einen Abgesandten ins Stift, der es zu den Regeln der strikten Klausur zurück führen sollte. Allein man hatte das Gehorchen verlernt. Man wollte nichts mehr vom Bischof und all seinen Gesandten wissen. Der ganze Konvent stellte sich daher im Chor der Kirche auf und eröffnete dem unwillkommenen Boten, wie man einmütig zum Beschluss gekommen sei, jeden weiteren Überbringer solch unliebsamer Aufträge an dieser Stelle tot beissen und tot kratzen zu wollen. Der fromme Mann bekreuzigte sich und ging. Aber beim Austritt aus dem entheiligten Gotteshaus drückte er seine Hand tief in den linken Torstein, als wär's weiches Wachs und rief zu den Nonnen zurück gewendet mit prophetischem Schmerz:

«Nie ist Olsberg ohne Brot,

aber niemals ohne Not!»

Die Spur dieser mit ihren fünf Fingern ins Tor gedrückten Priesterhand war noch bis zu den Zeiten zu sehen, als die Schweden ins Land fielen, und da die Bauern im Bauernkrieg die Schlösser und Klöster wegbrannten. Der Stein mit dem Merkzeichen ist verschwunden, keine Klosterfrau ist mehr im Tal. Doch heute noch erfüllt sich jene Prophezeiung fortwährend. Dieses sonst so reiche Stift adeliger Fräulein, dessen Äbtissin die Gräfin von Thierstein gewesen war, für das die Kaiserin Maria Theresia noch fromme Fürsorge trug, ist in eine Anstalt für arme und verwahrloste Kinder umgewandelt, die nun auf dem Klosterboden Ackerbau treiben und ihr Brot verdienen lernen, und heisst jetzt nach dem Namen des bekannten Menschenfreundes Pestalozzi-Stiftung.

 

Anders als das Volk erzählt der fleissige Sebastian Münster in seinem Weltbuch «Cosmographia» die Olsberger Legende folgendermassen:

 

Die damalige Äbtissin Bertha, Gräfin von Tierstein im Fricktal, hatte einen hartherzigen Kastvogt (Hofmeister), der den Armen jedes Almosen mit der wiederholten Bemerkung abschlagen liess das Stift sei noch nicht lange abgebrannt und selber arm. Ein Bettler erwidert darauf: «Date, et vobis dabitur» (Gib und es wird dir zurück gegeben.) und drückt dabei seine offene Hand bleibend in den Stein der Klosterpforte und es blieb die ganze Form der Hand in dem Steine, wie wenn sie in Wachs gedrückt wäre. Der Hofmeister erschrak sehr und erzählte es alsbald der Äbtissin, die ihn schon oft um seiner Rauheit willen mit ernsten Worten gestraft. Da befahl sie, man solle künftig niemanden mehr mit leerer Hand gehen lassen, der ein Almosen begehre. In dem Bauernkriege hat man den Stein hinweg geführt, er ist aber noch in einem nahen Dorfe vorhanden.

 

Sage Nr. 473, S. 280-282

Der Olsberger Hof in Hersberg war ein Geschenk des Abtes von St. Urban an die Konventfrauen des «Hortus Dei» bei der Übersiedlung nach dem neuen Klosterstandort in Olsberg. Während der Bauzeit der Klosteranlage dürfte dieses Haus auch als vorübergehender Wohnsitz benutzt worden sein.

Holländers Haus (Olsberger-Hof in Hersberg)

 

Das grosse Bauernhaus mit dem weit ausladenden Dach und den gotischen Fenstern in Hersberg kennt man unter dem Namens Holländers Huus. Es war früher eine Freistatt, wohin Übeltäter aus den Dreizehn alten Orten flüchten konnten. Eine alte Jahrzahl und die an das Haus gemalten Kantonswappen sind übertüncht worden, damit nicht alle Leute, die vorbeigehen, das Haus angaffen.

Jenseits des Strässchens stand früher eine grosse Linde. Diese wurde von einem Sturmwind zerrissen. Jetzt steht eine junge dort. Die ehemalige Kantonsgrenze ging mitten durch die Linde hindurch. Es soll an dieser Stelle viel geschmuggelt worden sein. Ein früherer Besitzer des Hauses habe sich durch diesen Schmuggel grosse Reichtümer erworben. Man habe die Schmuggelware auf dem Gempenstollen ausgetauscht.

Zu einer Zeit soll das Haus dem Kloster Olsberg gehört haben. Damals lag ein grosser Teil des Hersberger Bannes im österreichischen Fricktal, später im Aargau, und war steuerfrei. Als in Baselland die Staatssteuer eingeführt wurde (1892), wurde eine Grenzregulierung zwischen den Kantonen Baselland und Aargau vorgenommen.

 

 

Quelle: Sagen aus dem Fricktal, gesammelt von Traugott Fricker und Albin Müller, Vom Jura zum Schwarzwald, Jahrgänge 61/62 1987/1988, Frick 1987. Sage Nr. 251 Seite 200

Das Reiterspiel auf dem Geisspitz

 

Will man von Arisdorf nach dem angrenzenden Fricktal, so kommt man über die Käsehütte, Sennweid genannt, zu einem gewaltigen Stein, der die Marke zwischen den Kantonen Aargau und Basel bestimmen soll. An seinem Fusse entspringt der Violenbach, der eine kurze Strecke beide Kantone teilt. Rechtshin gegen das Dörfchen Nusshof liegt ein abgeplatterter, fichtenbewachsener Berg, Geisspitz geheissen, auf dem noch im vorigen Jahrhundert die Burg Geiseck zu sehen war. Noch steht in kleiner Entfernung davon des Grafen unansehnliche Kapelle mit einem geringen Türmchen, die der Bauer im nahen Pechhof als Holzschoppen und Heubrücke benutzt. Die Überreste der Burg sind keinem recht bekannt; doch ist gewiss, dass noch Kellergewölbe vorhanden sind, deren verschüttete Zugänge unsere gar nicht abenteuerliche Jugend aufzuspüren versäumt. Besser wissen darum herumziehende Kessel- und Wannenflicker, Lumpensammler und Vogelsteher, die oft darin einen Teil des Winters zubringen sollen. Geht man nun nachts über diese grosse Ebene, welche das Reiterspiel heisst, so sieht man, wie der Graf von Geiseck vom Berge herunter reitet und seine Rittergeschwader ordnet. Nun geht es an ein Turnieren, die Rosse scheuen und bäumen sich, die Ritter heben sich aus dem Sattel, andere sitzen ab und fechten zu Fuss. Aber auch mittags von elf bis zwölf wollen erfahrene und alte Leute diesen Waffenübungen schon zugesehen haben und deutlich den Grafen von Geiseck erkannt haben, wie sie ihn noch auf alten Bildern gesehen hätten; während andere behaupten, Berner seien's, die hier im Schwabenkriege fielen und noch für die Verwüstung büssen müssten, mit der sie damals das Fricktal heimgesucht haben.

 

Das Aarauer Tagblatt vom 30. Januar 1849 erzählt: In dieser Nacht gewahrte man um Nusshof (an der Aargauer-Basler-Grenze, wo diese Sage spielt) eine Naturerscheinung, mit welcher sich der Aberglaube viel zu schaffen macht. Es war ein Mark und Bein durchdringendes Wimmern in den Lüften, gleich Angstgeschrei von Menschen und Tieren in Lebensgefahr, das hoch über alle Berge und Klüfte daher gefahren kam und sich dann tief in das Tal gegen das Fricktaler-Dorf Magden hinab senkte, wo es unter Blitz und Donnerschlägen endete.

 

Sage Nr. 153, S. 191

 

Die Schwarzwälder in Olsberg

 

Vermögliche Leute machten Bekanntschaft mit einigen Schwarzwäldern, die bemerkt haben mochten , dass man den etwas zum Sinken geneigten Wohlstand gerne wieder haben möchte. Die Freunde vom Wald machten sich anheischig den Teufel zu beschwören, verborgene Schätze zu Tage zu fördern. Eines Abends spät, als sie innegeworden waren , dass etwas zu fischen sei, stellten sich die Gesellen in Mänteln ein und waren entschlossen, ihr schweres Werk nun vorzunehmen. Sie schickten den «Grossenhans» und seine Leute in den Stall hinab, um ihm mit der Schreckensszene, die das Erscheinen des Bösen hervorrufen würde, zu verschonen, und um das Gelingen der Sache durch die Anwesenheit eines Ungeweihten nicht aufs Spiel zu setzen. Sie erteilten aber die ernstliche Warnung, sie sollten auf kein Poltern oder Rasseln ihren Sicherheitsort verlassen, sonst sei die Sache gefährlich. Der Hauseigentümer unterzog sich allen Befehlen der Eingeweihten. Nach einigem Verweilen im Keller ertönte ein Gepolter und Gerassel, darauf eine Stille und von Sekunde zu Sekunde erwartete man den Ruf zum Wiedererscheinen in der Wohnstube. Er kam aber nicht. Zuletzt wagte man, Alles aufs Spiel setzend ungerufen zu erscheinen und sieh, das Gemach war leer, fort war Alles, was Wert hatte und zusammengeraubt werden konnte. Man setzte den Eingeweihten in die höllischen Geheimnisse nach, konnte aber die mitgenommenen Flinten, Stich- und Schlagwaffen nicht anwenden; denn die Dunkelheit der Nacht hatte sie schuss- und stichfest gemacht.

 

 

Heimatkunde von Baselland, Olsberg, Band 3, Bezirk Liestal

Verfasser: Lehrer Wenger in Arisdorf, ca. 1862

Kantonsbibliothek Baselland

 

 

Das verhexte Pferd

 

Kurz nach obigem Ereignis erkrankte das Pferd des Hauseigentümers, wie man glaubte aus Gründen, die nicht in der Raufe liegen. Der schon schwer geprüfte Mann glaubte, die bösen Geister ob dem Wald hätten das Tier veruntraut (verhext). Man wendet dieses und jenes an. Nichts will helfen. Da man aber hier den Vorteil hatte die katholischen Enthexungsmittel nahe bei der Hand zu haben, da man nur über die Fluten der Viola zu langen brauchte um solche zu erhalten, so verschrieb man sich von dort eine Hand voll geweihter Palmen, stellte das kranke Tier in den Schopf und räucherte es, um dem Bösen Füsse zu machen. Doch auch damit hatte man das Rechte nicht getroffen, das Pferd ging drauf.

 

Heimatkunde von Baselland, Olsberg, Band 3, Bezirk Liestal

Verfasser: Lehrer Wenger in Arisdorf, ca. 1862

Kantonsbibliothek Baselland

 

Geheimgänge in Olsberg – Fluchtstollen nach Rheinfelden

 

Immer wieder tauchen Geschichten zu den Geheimgängen im Kloster Olsberg auf. 1940 hat sich sogar das Militär für diese interessiert und eine genaue Untersuchung angeboten. Nach Berichten von Einheimischen soll der Geheimgang (ein Fluchtstollen) vom Kloster bis in den Keller des Olsberger Hofes in Rheinfelden geführt haben. Andere erzählen von einem Stollen der bis nach Maisprach geführt haben soll. – Alles Unsinn möchte man meinen und eine Erstellung wäre auch in jener Zeit technisch gar nicht zu realisieren gewesen. Tatsache ist: Der Klosterbau hatte seine Kellergewölbe zur Hauptsache im West- und Südflügel. Im Untergeschoss des Ostflügels wurde Mitte des 20. Jahrhunderts die Küche und Vorratsräume eingebaut. Gleichzeitig wurde der Klosterhof abgesenkt und zu einem Spielplatz umgestaltet.

 

Damit ging der Verbindungstrakt vom Klosterkeller in die Kirche endgültig verloren. Laut Schilderungen von ehemaligen Schülern bestand ein schmaler gemauerter Durchgang unter dem Ostflügel des Klosters zur Kirche, in dem man mit Ausnahme einiger weniger Stellen aufrecht stehen und gehen konnte. Dieser führte am Brunnen (unter dem Altar) in der Kirche vorbei und endete ausserhalb der ehemaligen Klostermauer. Versteckt hinter Gebüschen soll ein Ausgang bestanden haben. Der Gang war gemäss Augenzeugen beim Brunnen in der Kirche verschüttet und man konnte nur noch durch einen Schacht in die Kirche gelangen. Der Gang könnte eventuell auch für die Zuleitung des Wassers in den Ziehbrunnen unter der alten Klosterküche gedient haben. Das belegt ansatzweise eine Planskizze der letzten Äbtissin des Klosters.

 

Das Leben für die Knaben der Pestalozzistiftung war alles anderes als Honiglecken. Um zwischendurch sich vor der Arbeit zu drücken zogen sich immer wieder einige Kinder durch diesen den Erwachsenen weitgehend unbekannten Stollen in die Kirche zurück und vergnügten sich während der Arbeitszeit mit Spiel und Spass in der Kirche und auf dem Dachboden der Kirche. Zum Schuhe- und Kleiderreinigen vor dem Nachtessen war man dann wieder rechtzeitig wieder zurück.

 

Der Pfarrer ärgerte sich immer wieder über die beobachtete Unordnung in der Kirche und beschuldigte den Hausvater, er habe sich einen zweiten Schlüssel für die Kirche nachmachen lassen und betrete unerlaubterweis das Gotteshaus. Der Pfarrer liess regelmässig das Schloss der Kirchentüre auswechseln. Die Probleme blieben und es änderte sich nichts. Der rege teils gehässige Schriftwechsel zwischen Pfarrer, Hausvater und Aufsichtskommission ist umfangreich dokumentiert.

 

Eine Lösung wurde nie gefunden. Es blieb bis 1960 ein Geheimnis der Kinder. Eingeweiht in das Geheimnis des Durchgangs waren nebst den Kameraden vielleicht einmal ein Praktikant, der einige Wochen im Stift arbeitete, nie aber Lehrer oder gar der Hausvater.